Besuch in Klein-Paris am Rhein

15.05.2013

Eine Gruppe interessierter Damen machte sich am 15. Mai 2013 per Regio-Bahn nach Düsseldorf auf den Weg, um einmal der öfters kolportierten Legende nachzugehen, in Düsseldorf könne man „Klein-Paris“ entdecken. Das Johanneshaus war der Veranstalter dieser Unternehmung und die beliebte Düsseldorfer Stadtführerin, Frau Maja Tönnesmann, war mit profundem Wissen, Anschauungsmaterial, Zitaten des jungen Heinrich Heine, anderen Dönekes und vielen Hinweisen auf noch nie beachtete Spuren im Stadtbild der ehemaligen Residenzstadt dabei behilflich diesem Geheimnis auf die Spur zu kommen.

 

Was wenig bekannt ist: Düsseldorf war einmal Hauptstadt des von Napoleon gegründeten Großherzogtums Berg. Dieses hatte zwar nur von 1806 bis 1813 Bestand – aber immerhin. Die Stadt wurde von den französischen Besatzern in dieser Zeit durch Reformen in Verwaltung und Rechtsprechung (Code Civil, Code Penal)  stark geprägt; doch infrastrukturell nutzte man vorderhand die in der Zeit des Kurfürsten Carl Theodor geschaffenen Anlagen und Gebäude. Den Höhepunkt dieser Zeit bildete der dreitägige Inspektionsbesuch des Franzosenkaisers in Düsseldorf im November 1811. Er kam von Norden auf der heutigen Kaiserstraße in die Stadt und bog dann auf die breite Hofgartenallee ab, um dort die Huldigungen entgegenzunehmen und anschließend vor dem Schloß Jägerhof, seinem standesgemäßen Quartier in Düsseldorf, mit seiner Gattin zusammenzutreffen.

Atmosphärisch dicht, aber mit einer ihm damals schon eigenen leichten Ironie wird dies vom dreizehnjährigen Augenzeugen Harry (Heinrich) Heine geschildert, ebenso wie die Huldigungen an den Kaiser vor dem Rathaus, zu deren Gelegenheit Heine auf das Reiterstandbild von Jan Wellem kletterte, um die Szene hautnah miterleben zu können.

 

Während die Königsallee Bezug nimmt auf den späteren Landesherrn, den Preußenkönig Friedrich-Wilhelm IV., erinnert also die Kaiserstraße an den denkwürdigen Besuch von Kaiser Napoleon in der Stadt. Die abweichende Gebäudenummerierung von außen beginnend in die Innenstadt hinein dokumentiert die Richtung seines glanzvollen Einzugs in die Stadt.

 

Auch der Grüngürtel und die Gewässer um die Düsseldorfer Innenstadt haben ihren Ursprung in der Franzosenzeit, denn die kurpfälzischen Befestigungsanlagen der Stadt wurden von den Besatzern erst mal gesprengt, um sie dann später in Grünanlagen umzuwandeln, was von Napoleon mit einem "Verschönerungsdekret" ausdrücklich angestoßen wurde. So gehen insbesondere die Anlage der Landskrone, des Stadtgrabens in der Mitte der Königsallee und die Anlagen von Spee’s Graben, Schwanenspiegel bis hin zum Kaiserteich auf diese Initiative zurück.

 

Ein weiterer Effekt des kaiserlichen Besuchs war der Beginn der Rolle Düsseldorfs als Messestadt, wollten seine neuen bergisch-klevischen Untertanen doch zu diesem Anlass dem neuen Herrscher erstmals mit einer Gewerbeausstellung ihre Leistungsfähigkeit präsentieren.

 

Schließlich galt es zu klären, welcher Anblick Napoleon wohl zu dem gern zitierten Ausruf veranlasst haben könnte: "Voilà c'est mon Petit Paris" (Seht her, das ist mein Klein-Paris!). So wanderte das Grüppchen auf den Spuren großer Geschichte tapfer durch die Anlagen des Hofgartens auf den sogenannten Napoleonsberg, der mit dem Aushub eines nahegelegenen Hafenbeckens aufgeschüttet worden war. Der Name sagt es. Dort soll der Sage nach bei einem Blick auf die seiner Regentschaft unterstehende bergische Landeshauptstadt der schmeichelhafte Satz gefallen sein. Bei allem Heimatstolz käme man heute an dieser Stelle aber kaum auf solch eine Idee. Der aufkommende Regen setzte in diesem Moment sowieso jedem Höhenflug der Fantasie sehr enge Grenzen.

 

Immerhin: Wer gedacht hatte, er erführe Erhellendes zu Mode, zu l’amour oder Bistros in Düsseldorf sah sich stattdessen einem unvermuteten Moment glanzvoller Geschichte der Stadt am Rhein gegenüber. Doch nicht jeden hatte dieses französische Intermezzo damals begeistert. Teilweise waren die Erlebnisse in jeder Hinsicht existenziell, wie uns die Moritaten des „Schneider Wibbel“ noch heute erzählen. 

 

Voll neuer Eindrücke und Erkenntnisse ließen die Teilnehmerinnen ihren Rückblick auf eine Zeit kurzer Blüte von Glanz und Macht dann in gemütlicher Runde in der bodenständigen „Brauerei zum Schlüssel“ ausklingen und erkundigten sich interessiert schon mal nach dem möglichen Ziel der nächsten Exkursion.

 

Bericht und Foto: Peter Hirth

 

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